Kolumne

Mittendrin! Kino und die „neue“ Normalität

Die Ankündigung von Warner Bros, die exklusive Vorauswertung des Kinos für den US-Markt im Jahr 2021 außer Kraft zu setzen, schlägt hohe Wellen über den Teich. Zwar steht noch nicht fest, ob dies für Westeuropa oder Deutschland gelten wird. Niemand dürfte jedoch ausschließen, dass hier etwas Neues beginnt. Für unsere ebenso schützenswerte wie reiche Kinolandschaft ist das Kinofenster die Existenzgrundlage. Auch die Verleiher profitieren davon, Filme erst publicityträchtig auf die Leinwand zu bringen und anschließend im Home Entertainment auszuwerten. Der Kino-Lockdown droht dieses Agreement komplett aus den Angeln zu heben.

Die von der Politik geforderte „Geduld für eine bestimmte Zeit“ ist für Wirtschaftsunternehmen endlich. Gerade wenn die „bestimmte“ Zeit erkennbar unbestimmt ist, lässt sich der Damm nicht ewig halten. Schon im November spekulierte die Süddeutsche Zeitung über einen „Dammbruch“ bei der Ankündigung von Warner, ihre Cash-Cow „Wonder Woman 1984“ an Weihnachten gleichzeitig als Stream und im Kino herauszubringen. Die Frage – Präzedenzfall oder Zeitenwende – liegt auf  der Hand. Wir werden sehen, wie andere Verleiher damit umgehen. Und natürlich: Wann die Kinos wieder öffnen.

Wir sind mitten in der neuen Normalität. Krisenentscheidungen schaffen Fakten – und wir wissen alle, wie beharrlich Provisorien sein können. Umso wichtiger ist die Position der Filmwirtschaft, die von der Politik eine wirtschaftliche Perspektive für die Branche einfordert. SPIO-Präsident Dr. Thomas Negele trifft damit den Nagel auf den Kopf.

Horst Martin